NABU fordert Landesjägerschaft zur Mithilfe zur Aufklärung des Falles auf – Einmaliger Fall von Umweltkriminalität
Cappeln,
Landkreis Cloppenburg – Ein noch nicht dagewesener Fall von Umweltkriminalität
wurde am vergangenen Wochenende im Landkreis Cloppenburg entdeckt. Neun vergiftete, tote Greifvögel konnten in einem kleinen Areal der Gemeinde Cappeln entdeckt und
sichergestellt werden. Die Kriminalpolizei wurde sofort eingeschaltet. Der NABU fordert die Landesjägerschaft zur Mithilfe bei der Aufklärung des Falles auf sowie die Einrichtung einer
Stabsstelle Umweltkriminalität. Bis zur Aufklärung des Falles fordert der NABU weiterhin die einstweilige Einziehung der Jagdscheine von allen im Revier tätigen Jägern.
„Mich erreichten einzelne Fotos und die Info, in einem abgelegenen Waldstück lägen, nahe von neuen Hochsitzen, auffällig türkisbläulich eingefärbte Ringeltauben als Köder aus. Zudem seien dort Eier ausgelegt, aber auch ein Bussard läge dort tot. Da schrillten bei mir sofort die Alarmglocken“, berichtet entsetzt Ludger Frye, der NABU-Kreisvorsitzende im Landkreis Vechta. Dessen sofortige Rückfrage beim Entdecker ergab, offensichtlich würden zu Jagdzwecken völlig ungeschützt und frei eingefärbte Ködertiere und Gifteier in einem Waldkomplex ausliegen.
Das rief den Naturschützer Frye auf den Plan, der bereits mehrfach mit illegaler Greifvogelverfolgung in den Kreisen Vechta und Diepholz befasst war und wusste, was zu tun war. Denn das ist eine Nachstellungsmethode, die seit Jahrzehnten streng verboten und strafrechtlich zu ahnden ist. „Diese Einfärbung der Ködertiere ist typisch für die Verwendung von europaweit verbotenen, extrem starken Kontaktgiften wie Carbofuran oder Mevinphos“, so Ludger Frye. Diese sind auch für Menschen bei Kontakt lebensbedrohend. Der Hinweisgeber hatte den Greifvogel nichts ahnend und unachtsam berührt.
Sofort verständigte Ludger Frye direkt die Kriminalpolizei, um den dringenden Verdacht einer schweren Umweltstraftat und eine anhaltende Gefahrensituation zu melden. Umgehend vereinbarte man eine gemeinsame Durchsuchung des weitläufigen Areals in der Gemeinde Cappeln, welches bei Darrenkamp, also zwischen den Orten Schwichteler und Vestrup, ganz nahe der Landkreisgrenze Cloppenburg und Vechta liegt. In diesem als Tenstedter Bruchwald bekannten Nasswald erfreut sich der Naturfreund an Seltenheiten wie Hohen Schlüsselblumen und Königsfarn.
Bei der Durchsuchung, die über fünf Stunden andauerte, offenbarte sich dann das unglaubliche Ausmaß des Grauens. In verschiedenen Bereichen des über fünf Hektar großen Fundbereiches lagen in Fundgruppen Dutzende mit Gift bestrichene Ringeltauben sowie Hühnereier mit Injektionslöchern auffällig und exponiert auf Baumstümpfen. Aber auch Haustauben-, Fasanen-, Enten- und Hasen-Kadaver lagen ebenso blau eingefärbt aus. Die Durchsuchung ergab eine erschreckende Opferzahl toter Greifvögel, die teils unmittelbar neben den Ködern lagen.
Insgesamt fanden Kripo und NABU gemeinsam neun tote Greifvögel, darunter 7 Mäusebussarde, zwei Habichte sowie einzelne Rabenvögel. Köder, Eier und Opfer wurden dokumentiert und anschließend möglichst vollständig eingesammelt, um sie behördlich untersuchen zu lassen. „Und um weitere Vergiftungsgefahren von Mensch und Tier auszuschließen“, verdeutlichte der Naturschützer diese Notwendigkeit. „Die abgelegene Fundsituation und die offensichtliche Erkennbarkeit, deuten klar auf die Verursacher hin, ist sich Ludger Frye sicher. Keiner der örtlichen Jäger kann das Ausmaß der toten Vögel übersehen haben. Unterschiedlich alte Köder und Opfer deuten auch auf einen langen Zeitraum des Auslegens hin. „Nichts, was hier einmalig geschieht“, ist er sich sicher. „Deshalb fordert der NABU sofort die einstweilige Einziehung der Jagdscheine von allen im Revier tätigen Jägern, bis der gesamte Straftatbestand und die persönlichen Verantwortlichkeiten aufgeklärt sind!“
Am 27. März 2007 unterzeichneten das Niedersächsische Umweltministerium, das Niedersächsische Landwirtschaftsministerium, der BUND Niedersachsen, die Landesjägerschaft Niedersachsen, die Niedersächsische Ornithologische Vereinigung, die Arbeitsgemeinschaft Adlerschutz Niedersachsen sowie der NABU Niedersachsen unterzeichneten die ‚Hannoversche Erklärung gegen illegale Verfolgung von Greifvögeln in Niedersachsen‘. Neben der Schutzwürdigkeit der Greifvögel wurde in der ‚Hannoverschen Erklärung‘ auch auf die Konsequenzen bei Nichtbeachtung hingewiesen. Wörtlich heißt es „Die Verfolgung ohne staatliche Ausnahmegenehmigung zum Beispiel mit Gift, Fallen und Waffen ist nach dem Jagdrecht und dem Naturschutzrecht eine Straftat, die mit empfindlichen Strafen bis hin zum Freiheitsentzug von fünf Jahren geahndet werden kann.“